Pfitschigogerl oder Fitschigogerl.  Welche die richtige Schreibweise ist, ist irrelevant

Fitschigogeln: ALTES ÖSTERREICHISCHES KULTURGUT

Die Entstehung von Fitschigogerln geht in die Anfänge unseres Jahrhunderts zurück.  Fast jeder Österreicher kennt Fitschigogerln, wenn auch verschiedene Sachen darunter verstanden werden.  So gibt es sehr lustige bis anzügliche Interpretationen zu dem Wort, die sich alle logisch erklären lassen.  Aber auch dazu später.

Vorerst gehen wir davon aus, dass Fitschigogerln ein Spiel ist, das mit Münzen oder Knöpfen auf einer Fläche (Tischfläche) gespielt wird und das Fußballspiel nachahmt.  Vorwiegend wird es von jungen Buben gespielt.  Es gibt keine allgemein übliche Form dafür und so wird Fitschigogerln von Schule zu Schule und von Gemeinde zu Gemeinde anders gespielt.

Das Spiel ist auch in England (Piddly Winks), Frankreich und der Schweiz bekannt.  Wahrscheinlich aber in allen Ländern der Erde, in denen der Fußballsport populär ist.

 Fußball, der populärste Sport der Erde, ist die Grundlage für das Fitschigogerln.  Der Fußballsport selber aber ist jünger als man allgemein annimmt :

 GB – 1846            Cambridge-Studenten verfassen die ersten Fußball-Regeln
GB – 1863            1. offizielle Regeln – Gründung der „Football Association“
A – 1894            Gründung vom FC Vienna (First Vienna Football Club)
F – 1904            In Paris konstituiert sich der Fußball-Weltverband (FEFA)

Das Jahrhundert ist also noch recht jung, als der Fußballsport in Mitteleuropa wirklich an Breitenwirkung gewinnt.  In dieser Zeit ist auch die Geburtstunde von Fitschigogerln zu sehen.

Die erste offizielle Fitschigogerln-Instanz bildet sich 1976, indirekt auf eine Initiative der „Kronen Zeitung“ zurückzuführen.  Die Zeitung veranstaltet in diesem Jahr österreichweite Wettkämpfe mit Bewerben in volksnahen Spiel- und Sportarten mit u.A. dem Pf.  Dabei begegnen sich Menschen, die gemeinsam Spaß an diesem Spiel haben und sie gründen den (1.Ö.F.I.C.), den „Erster Österreichischer Fitschigogerlclub“.  Sie halten erstmalig die Spielregeln fest sowie die Eigenschaften des Spielbretts.  Im Vereinslokal in Wien treffen sich die Gleichgesinnten auch heute noch einmal wöchentlich.  Einen zweiten Fitschigogerln-Verein gibt es in Vorarlberg.

 BEDEUTUNG UND ETYMOLOGIE DES WORTES Fitschigogerln

Etymologisches Wörterbuch der österreichischen Mundart:

Pfitschen = schnell dahingleiten, entwischen
Österreichische Kommission für Mundartkunde und Namensforschung:
Das Wort Fitschigogerln wird abgeleitet von „Pfitschigageln“
GAGEL: etwas rundes. Es gibt auch „Purzigagel“: Purzelbaum und „Roßgagel“: Roßapfel PFITSCHEN : wackeln, sich bewegen, purzeln. Von dieser Wortwurzel leitet sich auch ab : Pfitschepfeil, das Wort Flitzen und selbst das französische Wort flêche (Pfeil) kommt a.d. Altfränkischen

PRITSCHIGOGELN = Beschlafen
Bibliografie dazu:
1847 CASTELLI : Wörterbuch der Wiener Mundart 1873 HÜGEL: Wiener Dialekt
Im wienerischen verwendet man den Ausdruck „Pfitschigogerl-ma“ = verschwinden wir

Das Spiel müsste also richtig Pfitschigogerl heißen.  Nachdem es sich aber um ein Wort der österreichischen Mundart handelt gibt es keine eindeutige Schreibweise.

Ein 73 Jahre alter Österreicher berichtet, wie er in seiner Jugend in den 30-er Jahren das Spiel „Pfitschemnagogerl“ gespielt hat.  Dies entspricht dann der Aufforderung das „Gogerl“ zu „pfitschen“.  Im Sprachgebrauch dieses Herren war mit „Gogerl“ ein Hosenknopf gemeint.  Kinder und Jugendliche besaßen damals keine Münzen für das Spiel.  Interessant ist auch die Form, wie es gespielt wurde :

Mit Daumen und Mittelfinger wird ein Tor gebildet, der Zeigefinger ist der Tormann und beweglich.  Der Spieler lässt den Knopf über die Fläche gleiten oder springen, indem er ihn mit dem Fingernagel niederdrückt und abschnippen lässt.  Jeder hat drei Versuche den Knopf über die Fläche zu bewegen und ins Tor zu bringen.

Fitschigogerlregeln